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Wir müssen reden.

Drei Tage sind seit den grausigen Attentaten in Paris vergangen. Drei Tage, in denen auch die Wortmeldungen der „üblichen Verdächtigen“  Gehör fanden.  Die Entgleisungen von CSU-Mann Söder, der die Anschläge sofort in direkter Beziehung zu den Flüchtlingen setzte, sind widerlich. Und waren vorhersehbar.

Doch selbst gestandene Journalisten verlieren in diesen Tagen den Überblick. Auf der Titelseite des Handelsblattes prangt die Schlagzeile „Weltkrieg III“. Was um Himmel Willen soll uns das sagen? Pfeifen wir fortan auf alle Gesetze und rufen ein „Kriegsrecht“ aus? Sind nun alle Mittel erlaubt und befinden wir uns quasi im Dauer-Ausnahmezustand? Und was bitte unterscheidet dieses furchtbare Attentat in Paris von den Attentaten in London und Madrid? Oder Beirut, oder,  oder …

Fakt ist, seit 9/11 hat sich die Strategie der Islamisten nur einmal grundlegend geändert und genau das wird noch heute – mit Nuancen – praktiziert. Von einem Gebilde mit Anführer und strengen Befehlsstrukturen, wie zu der Anfangszeit der Al Qaida, wurde zum „Zellenmodell“ gewechselt. Manches wurde abgesprochen, manches nicht, manche Strukturen entwickelt, manche verworfen.  Sicher war und ist nur eines, nämlich das Ziel: Angst und Schrecken verbreiten, sodass westliche Länder mit aller Härte zurückschlagen. Mit der Folge, dass Muslime weltweit isoliert werden. Denn wer sich in der Isolation befindet, lässt sich umso besser rekrutieren. Dann das Ausrufen eines Kalifatstaates, wie es der IS getan hat. „Nicht gläubige“ Gesellschaften an ihren Grenzen zu bringen, sodass sie förmlich in diktatorische Verhaltensweisen fallen: sich in den Krieg begeben. Ihre eigenen Freiheit begrenzen, sich selber einengen, ihre Werte vergessen.

Wir dürfen das nicht zulassen – noch nicht einmal sprachlich! Denn die Erkenntnis, dass die Sprache unser Handeln bestimmt, ist älter, als diese Form des islamistischen Terrors.

Neben all der Trauer, die an Tag drei nach den Attentaten in Paris sichtbar ist, wird noch etwas  deutlich: Das Versagen der Sicherheitsdienste. Gegen einen der Attentäter ermittelte die französische Justiz schon drei Jahre wegen Terrorverdacht. In Belgien zeigt sich die Polizei überfordert, islamistisch übernommene Stadtviertel wieder in den Griff zu bekommen (Ja, die gibt es auch in Deutschland und in anderen europäischen Ländern).

Diese Fehlleistungen gibt es, obwohl wir alle gesetzlichen Möglichkeiten haben, diese Missstände zu beheben. Wohlgemerkt: die theoretische Möglichkeit. Am Ende des Tages sind es immer Menschen, die diese Gesetze umsetzen müssen, wie beispielsweise Polizisten und Juristen.

In Europa wird seit Jahren an Sicherheit und Justiz gespart. Ja sicher, es gibt nur einen Haushaltstopf und Geld für Gefängnisse oder Polizeibeamte auszugeben, ist eben nicht so populär, wie das Grundsteinlegen für eine neue Sporthalle. Als Politiker müssen wir jetzt ehrlich sein: Neue Gesetze werden uns nicht „retten“. Noch nicht einmal die „alten Gesetze“ werden ausgefüllt. Sie sind alle nur Augenwischerei, so lange es nicht das gut ausgebildete Personal dafür gibt diese umzusetzen.

Also, lassen Sie uns reden. Was ist Ihnen wirklich wichtig? Was ist uns wirklich wichtig?

Der Kampf gegen den Terror wird uns viele Tränen abverlangen. Und viel Geld kosten. Aber bitte nicht unsere Bürgerrechte. Und schon gar nicht unsere Menschlichkeit.

 

Artikel zur Strategie von Al Qaida aus 2005 – ersetzen Sie hier Al Qaida durch IS und Sie haben die aktuelle Blaupause für deren Handeln.

Hier ein jüngerer Artikel der IS-Strategie.

Ein guter Artikel aus der NZZ, rund um die Frage, ob antisemitische Motive beim Anschlag auf Bataclan eine Rolle gespielt haben.